Die Geschichte von Peterdorf

(Quelle: Walter Brunner: St. Peter am Kammersberg – Die Marktgemeinde stellt ihre Geschichte vor)
mit freundlicher Genehmigung des Autors Hofrat Univ.-Doz. Dr. Walter Brunner

Peterdorf ist ein typisches Haufendorf, zwischen St. Peter und Althofen gelegen. Diese Siedlung hat ihren Namen höchstwahrscheinlich vom benachbarten Kirchenort St. Peter erhalten. Ob wir an eine frühe bayrische Gründung zu denken haben, oder ob bereits die slawischen Bauern hier ansässig gewesen sind, kann zur Zeit nicht endgültig entschieden werden. Sicher allerdings ist, daß zumindest die Flur von Peterdorf von Slawen genutzt und daher auch benannt worden sein muß.
Auf eine wirtschaftliche Nutzung der Gegend um Peterdorf oder zumindest an eine Begehung dieses Raumes während der Zeit der slawischen Besiedlung weist der Flurname „in der Radschitzen“ hin, der u.a. in einer Handschrift aus der Zeit um 1490 nachweisbar ist. In der Flur Radschitzen sind um 1490 zumindest zwei Gehöfte nachweisbar: Der Tanner zu Peterdorf mit seinem Gut, genannt dy Ratzschiczen, war zur Kirchengült St. Peter untertänig und zinste 12 ß d. Das andere Gut war der Moar in der Radschitzen. Dieser Name kommt vom slawischen „recica“ – das kleine Bächlein.
Dieser slawischen Flurname ist jedoch nicht der einzige Beleg für eine ursprüngliche Besiedlung dieses Dorfes durch Slawen. In der Urkunde von 1072 mit dem erstmaligen Nachweis dieses Ortes und Namens ist eine aufschlußreiche Textstelle zu finden: Der Bischof von Freising überließ damals dem Erzbischof von Salzburg im Bereich der Herrschaft Katsch eine Slawenhube, die der Erzbischof als Sammelstelle für den Zehent im Katschtal benötigte; es ist dies der spätere Zechnerhof. Diese Stelle lautet im lateinischen Originaltext: mansum Sclavonicum in predicto predio Chatzis in ville que dicitur Peterdorf: eine Slawenhube im vorhin genannten Gut Katsch im Dorf das Peterdorf genannt wird. Es wird also in diesem Ort die Hube eines Slawen genannt. Ob es noch weitere solche in Peterdorf gegeben hat, wird zwar nicht gesagt, ist aber mit Recht anzunehmen. Daraus aber müssen wir folgern, daß Peterdorf trotz seines deutschen Ortsnamens eine Gründung der alpenslawischen Bewohner des Katschtales während des Frühmittelalters war und somit im 7. oder 8. Jahrhundert gegründet worden sein muß, Möglicherweise hat dieses slawische Dorf „Recica“ geheißen. Seit dem 8. und 9. Jahrhundert dürften sich in diesem slawischen Dorf bereits erste bayrische Bauern niedergelassen haben. Später erfolgte die Umbenennung des Ortes nach dem Kirchenpatron St. Peter im benachbarten Gutshof.
Schon die erstmalige Nennung von Peterdorf im Jahr 1072 erfolgte im Zusammenhang mit Zehentrechten. Aus dem Jahr 1263 ist eine weitere Zehentangelegenheit mit Bezug auf Peterdorf abgehandelt worden; damals einigten sich im Haus des Landschreibers (obersten Finanzbeamten) in Graz Wulfing von Stubenberg und Ábt Ulrich von Admont wegen strittiger Zehentrechte in Peterdorf und Mitterdorf; der Stubenberger hatte als Herr auf Katsch vom früheren Abt von den Zehenten in Pedersdorf jährlich je zehn Maß Roggen und Hafer erhalten. Daran fühlte sich der neue Abt nicht mehr gehalten, doch einigte er sich mit dem Stubenberger auf einen Vergleich in Form einer Abschlagszahlung.
Auch wenn die meisten Bewohner von Peterdorf nach Katsch und Rothenfesl untertänig waren und somit als einstiger Untertanenbesitz des Freisinger Bischofs angesehen werden können, hören wir bereits im Mittelalter von dem einen oder anderen Bauern, der anderen Grundherren gehörte. Im Jahr 1355 erwarben die Herren von Liechtenstein auf Murau von der salzburgischen Adelsfamilie derer von Goldegg mehrere Untertanen im Katschtal, Wölztal und im oberen Murtal, die vermutlich einige Jahrzehnte zuvor im Heiratswege an die Goldegger gekommen waren.
Einer dieser nunmehr Liechtenstein’schen Untertanen wohnte in Peterdorf und hieß Heinrich.
Aus dem jüngeren Murauer Urbar vom Jahr 1381 gewinnen wir einen weiteren Hinweis welcher Hof es war, der damals dem Bauern Hainreich zu Peterdorf gehört hat, den nun ist er unter der Überschrift Andre am Griezz verzeichnet, womit wir eine Verbindung zum Hof am Gries in Peterdorf herstellen können. Ein Hans Wolfsauer stiftete am 31. Jänner 1432 mit Zustimmung seiner Verwandten und des Pfarrers Ruprecht zur Pfarrkirche St. Peter unter dem Kammersberg sein freies Eigen, eine Hube zu Peterdorf an der Rezizehen, auf der Andre am Gries saß mit einem Jahreszins von 12 ß d am Fest des hl. Martin. Es ist das spätere Tannergut, das im Besitz der Kirchengült St. Peter war.
Auch zur Herrschaft Katsch gehörten Bewohner von Peterdorf. Das erfahren wir aus einer Stubenberger Teilungsurkunde vom Jahr 1387, mit der die drei Brüder ihren Besitz teilten. Friedrich von Stubenberg bekam die Herrschaft Katsch mit den namentlich angeführten Untertanen. Ausdrücklich ist die Taferne zu Peterdorf genannt; vermutlich sind die unmittelbar vor dieser Taferne angeführten Lodweig und sein Sohn Fritz sowie Heinreich der Smid ebenfalls in Peterdorf ansässig gewesen; vermutlich geht auf diesen Fritz der Hofname Fritz in Peterdorf zurück. Es ist außerdem ein früher Nachweis für die Existenz einer Taferne (Gasthaus) in Peterdorf.
Die Stubenberger auf Katsch arbeiteten zielstrebig auf die Abrundung ihrer Untertanenrechte in Peterdorf hin, indem sie nach Möglichkeit von anderen Grundherren untertänige Liegenschaften erwarben wie zum Beispiel im Jahr 1412, als Friedrich von Stubenberg vom Judenburger Bürger Hans dem Knoll und seiner Frau Margret den Hof des Fritz in Peterdorf, das Gut des Nicla Garmeister und die Mühle, die dem verstorbenen Ruedl gehört hatte, erwarben.
Um 1470 hatten die Welzer auf Schloß Feistritz von den Stubenbergern auf Katsch unter anderem eine Taferne in Peterdorf, auf der Hans der Wolfsauer saß als Lehen. Aber es gab noch weiter Stubenberger Lehen hier in Peterdorf, denn Hans der Welzer hatte damals, um 1470,  von den Stubenbergern auch einen Hof in Peterdorf uns zwei Joch Äcker, genannt an der Wolfscheysn, sowie weitere Grundstücke als Lehen. Und Ulrich Peterdorfer empfing im Jahr 1490 anstatt seiner Geschwister den halben Hof in Peterdorf, genannt „an der Hueben“, als Lehen von den Stubenbergern.
1072 hatte der Erzbischof von Salzburg im Tauschwege vom Freisinger bischof eine Slawenhube in Peterdorf erhalten. Dort wurde seither der Zehent eingelagert; es ist der Zehenthof. Dieser Zehenthof war allerdings nicht immer im direkten Besitz des Stiftes Admond, sondern einige Male als „Leibgedinge“, also auf Lebenszeit, verpfändet oder verliehen. So erfahren wir aus einer Urkunde des Jahres 1392, daß Katrey, Witwe nach dem Goldschmiedmeister Ulreich von Friesach, sich mit dem Kloster Admond wegen eines Besitzes verglich, den ihr verstorbener Mann als Leibgedinge, also auf Lebenszeit, erhalten hatte. Der Nutzen davon sollte ihr noch bis kommenden St.-Georgs-Tag zustehen; es handelte sich um den Zehenthof zu Peterdorf sowie um andere, nicht in unserer Pfarre gelegene Güter. Katrey verzichtete nun auf diesen Zehenhof und den dazugehörigen Zehent und gab sie dem Stift zurück. 1437 übernahmen die Eheleute Wilhelm und Elsbeth von Peterdorf diesen Zehenthof mitsamt dem Zehent als Leibgedingebesitz, also auf ihre Lebenszeit. Aber auch für höher gestellte Adelsleute waren Zehenteinhebung und Zehenthof zu Peterdorf von wirtschaftlichem Interesse: 1459 verlieh das Stift Admond diese beiden dem Ritter Ernst Prankher von Prankh, der damals Burgpfleger auf Katsch war.
Bauerngüter waren Handels- und Tauschobjekte. Deshalb finden wir vor allem während des 14. und 15. Jahrhunderts einzelne Höfe mehrmals im Besitz verschiedener Grundherren. Die Stubenberger auf Katsch waren bestrebt, ihren Untertanenbesitz in diesem Bereich abzurunden und fremde Herrschaftsuntertanen aufzukaufen. Am 6. November 1410 verkauften Otto von Liechtenstein auf Murau und sein Sohn Ulreichott ihren Oheimen Friedrich und Ulrich Vettern von Stubenberg mehrere Untertanen aus dem Amt Murau, darunter den Andre am Gries zu Peterdorf, der seither zur Herrschaft Katsch gehörte.
Wegen der Terz und Quart, einer schweren Türkensteuer, die die Kirchen und Klöster in den Jahren um 1530 leisten mußten, sahen sich viele Verantwortliche kirchlicher Institutionen gezwungen, Untertanengülten zu verkaufen, um das geforderte Geld aufbringen zu können. Auch das Stift Admond tat dies und verpfändete von seiner Propsteiherrschaft Mainhardsdorf einige Untertanen dem Christoph Welzer, darunter auch den Zehenthof zu Peterdorf, denn im Leibsteuerregister des Welzers ist der Zechner zu Peterdorf eingetragen. Auch dem Sigmund Welzer hatte das Stift Untertanen aus dem Amt Mainhardsdorf verpfänden müssen. Im Jahr 1542 war der Zehenthof bereits wieder zurückgelöst und wurde von der Propstei Mainhardsdorf verwaltet.
Meistens waren es einstige feisingische Besitzungen, die durch Belehnungen an adelige Grundherren kamen. Am 10. Mai 1533 belehnte Bischof Philipp von Freising den Adelsmann Gall von Ragkhnitz mit Gütern, die er von weiland seinem Vater Christoff von Ragkhnitz ererbt und die vom Bistum Freising zu Lehen waren, darunter auch ein Gehöft in Peterdorf: mer einen halben hof genannt auf der hueben zu Pettersdorff gelegen. Solche Lehen von Grundherren, die nur vereinzelte Untertanen in unserer Gegend hatten, wurden häufig verkauft, so auch dieser halbe Hof, genannt an der Hube, der 1630 vom Freisinger Bischof dem kaiserlichen Einnehmeramtsverwalter Georg Adl von Adlstein verliehen wurde. Er hatte ihn von Gall von Ragkhnitz erworben.
Von Untertanen der Welzer in Peterdorf haben wir bereits gehört. Auch aus späterer Zeit gibt es Nachweise dafür: Am 24. April 1595 verkauft Hans Welzer zu Spiegelfeld (im Mürztal) und auf Feistritz dem Wilhelm von Windischgräz auf Katsch eine Gült zu Peterdorf und in Katsch, darunter den Peter Fritz zu Peterdorf, der vom Koglergut 1fl 4ß 20d und vom Hof im Winkel 2fl 1ß d zinste; weiter Paul Päli zu Peterdorf, der vom Pfisterlehen 1fl als Zins zu geben hatte.
Wie die Siedlung Peterdorf in der Frühzeit ausgesehen hat, können wir verständlicherweise nicht mehr nachvollziehen. Es dürften einigermaßen gleich große Bauernhuben gewesen sein, deren Grundstücke rund um die Siedlung in unregelmäßigen Blöcken miteinander vermischt lagen; es ist eine sogenannte „Blockgemengeflur“, die wir in Peterdorf antreffen.
Im Laufe der Zeit sind die ursprünglichen Gehöftestrukturen und Wirtschaftsgrößen durch Teilungen, Abverkauf oder Zukauf von Grundstücken und Mitbewirtschaftung abgekommener Huben oder Hubenteile verändert worden. Die Slawenhube von 1072 wurde zum Zehenthof. Sogar den Ansitz einer kleinen Adelsfamilien finden wir hier in Peterdorf; auf welchem Gehöft diese Ritter von Peterdorf ansässig waren, läßt sich leider nicht mit Sicherheit feststellen, möglicherweise war es der Moar am Gries.
Die Siedlungserweiterung innerhalb der Dörfer vollzog sich vor allem im 16. Jahrhundert durch Errichtung kleiner Keuschen auf der Gmein, also auf der an das Dorf anschließenden Gemeindeweide, die der Nachbarschaft oder Dorfgemeinde gehörte und frei von Grundherrschaftszinsen war. Wollte jemand auf dieser Gmein oder Freiung ein Häusl errichten, mußte dazu die Zustimmung der Nachbarschaft eingeholt werden. In Peterdorf sind auf diese Weise im 16. Jahrhundert mehrere Keuschen auf der Gmein errichtet worden. So lesen wir beispielsweise zum Jahr 1576, daß Ruepl Freithofer mit Bewilligung der Nachbarschaft auf der Gmein zu Peterdorf ein Häusl erbaut habe; er zinste davon bis auf weietter wolverhalten, wie es wörtlich heißt, an die Herrschaft Katsch 1ß und als Siedlungsgeld 6 Pfennige. Dieser Ruepl Freithofer hatte zu seinem Häusl keinen weiteren Grundbesitz, als was er sich mit Genehmigung der Nachbarschaft auff der gmain mit prenntern und der waid auf ain khue betragen mueß: die Dorfgemeinde konnte ihm genehmigen, im Gemeindewald ein Stück in Form der Brandrodung einzufangen und dort Getreide anzubauen oder Brandheu zu fexen und eine Kuh auf die Gmein zur Weide zu treiben.
Im Urbar des Amtes Althofen der Herrschaft Katsch vom Jahr 1576 sind mehrere Posten eingetragen, die uns berichten, daß die Nachbarschaft von Peterdorf erlaubt habe, auf der Gmein ein Häusl zu errichten. Außer dem vorhin genannten Ruepl Freithofer war es noch der Cristan Palle, dem ebenfalls für eine Kuh eine Brandrodung und die Weidein der Gmein genehmigt wurde, weiters der Pangraz zechner, der Maxl Helmer und der Veit Prantl. Im Jahr 1646 zinste Michael Gschlacht, Schmied zu Peterdorf von einem Häusl auf der Gmein 1ß 14d. Die Keusche des Schusters Michael Trattner zu Peterdorf lag laut Urbar der Herrschaft Katsch von 1646 an der Freiung. Auch das Häusl des Bartl Zeuner am Glanz war an der Gmein erbaut worden. Die Gmein oder Freiung war also das Reservebauland schlechthin.
Im Zehentregister des Stiftes Admont für das Katschtal von ca. 1460 sind die fünfzehn bäuerlichen und somit zehentpflichtigen Bewohner von Peterdorf aufgezählt; es waren dies: Hofmeister, Andre am Gries, Mayr, der eine Öde im Glanz als Zulehen hatte, Sleiffer, Czeczpyer (Zepper) mit einer Öde im Glanz, Walchun, Phechel, Soldner, Poganin, Nerrel in der Lacken, Mullner, Wolfl Pogan, Ulrich am Ort (am Ende des Dorfes), Moseincz, der die verödete Taurerhube als Zulehen hatte, und Hans Hueber am Gries.
In Solchen Zehentverzeichnissen sind Keuschenbesitzer nicht registriert, da diese keinen oder nur geringen Grundbesitz hatten und somit keinen Zehent ablieferten.
Ein Verzeichnis aller bäuerlichen Besitzer von Peterdorf aus dem Jahr 1586 legt und das Ergebnis der grundherrschaftlichen Entwicklung seit dem Spätmittelalter mit den verschiedenen Herrschaftszugehörigkeiten vor; damals lebten hier folgende zwölf Besitzer mit ihren Familien unter den genannten Grundherrschaften (in Klammern):
Tanner zu Peterdorf (Kirchengült St. Peter), Lamprecht Ofner (Katsch), Mang Schintlperger (Katsch), Urban Schwingeshamer (Katsch), Paul Palle (Katsch), Zechner (Praunfalk), Ulrich Mayr (Katsch), Franz am Krainhof (Katsch), Fritz (Freising), Peter Fritz (Katsch), Galmeister (Katsch), Peter Liegler (Katsch), Cristoff Mayr zu Peterdorf (Teuffenbacher), Scherrer zu Peterdorf (Ragknitz), Georg Schweller (Ragknitz).
Auch laut Pfarrsammlungsregister aus dem Jahr 1691 waren in Peterdorf zwölf bäuerliche Besitzer ansässig; nur sie, nicht aber kleine Keuschler, sind verzeichnet, denn nur die Besitzer von Huben oder Hubenteilen waren verpflichtet, dem Pfarrer von St. Peter jährlich gewisse Naturalien im Rahmen der „Pfarrkollektur“ zu geben; in Klammern ist jeweils die Besitzkatergorie festgehalten. Es waren die im Jahr 1691: Bartlme Fritz am Fritzgut (Ganzhube), Matthias Söznagl oder Zechner (Ganzhube), derselbe Setznagl vom Krainhof(Viertelhube), Matthias Bischof am Pogegut (Ganzhube), Andre Fritz am Tschudlgut (Halbhube), Bartlme Zechner (Viertelhube), Bartl Zechner oder Brunnpotschlipp, Phillipp Mirzl oder Liendlbauer (Halbhube), Vinzenz Bischof der Mayrzenz (Ganzhube), Hans Fürst, Müller (Ganzhube), Martin Auer am Gallmeistergut (Ganzhube), Matthias Zechner am Thannerhübl (Halbhube), Hans Fritz Moar an der Radschitzen (Ganzhube), Zepperhof so der Pfarrer zu St. Peter innehat (Halbhube).